Neben dem Sparbuch zählten sie über viele Jahre zu den liebsten Geldanlagen der Deutschen: die Kapitallebensversicherung. Als private Altersvorsorge unverzichtbar, gesellten sich Ende der achtziger Jahre noch Rentenversicherungen mit Garantiezins dazu. Genau dieser Garantiezins ist es aber, der den Versicherern heute schwer im Magen liegt, denn die aktuellen Renditen können die gesetzlich verordneten Garantiezinsen nicht mehr erwirtschaften.
- Der Garantiezins hielt bis einschließlich 1999 seinen historischen Höchststand mit 4,00 Prozent und sinkt seitdem kontinuierlich.
- Altverträge stellen eine Belastung für die Versicherungsunternehmen dar, Neuverträge sind wenig rentabel für die Kunden.
- Wer seine Lebensversicherung aufgeben möchte, sollte sich über die hier vorgestellten Alternativen zur Kündigung informmieren.
Was ist der Garantiezins?
Lebensversicherer garantieren die Versicherungssumme (oder bei Rentenpolicen die technisch ähnliche Kapitalabfindung sowie die versicherte Rente). Außerdem rechnen sie für die Sparanteile – Zahlbeitrag minus Kosten – der Beiträge des Kunden einen garantierten Zins ein, den so genannten Rechnungszins.
Bis zum Jahr 1999 erreichter dieser Zins mit 4 Prozent seinen historischen Höchststand, dauerhaft für die gesamte Vertragszeit. Inzwischen ist der Rechnungszins auf 0,9 Prozent gesunken. Zum Rechnungszins (garantiert) kommen die nicht garantierten Überschüsse des Versicherers. Da diese sich aber wegen der Zinskrise eher dem Wert von 2 Prozent annähern, wird klar, dass die Lage für Versicherer heutzutage problematisch ist.
Plakativ gesagt: Mit 2 Prozent Ertrag können die Versicherer keine Policen bedienen, bei denen sie 4 Prozent Zins garantiert haben. Um dieses Loch zu stopfen, schaufeln die Versicherer seit einigen Jahren aus Teilen ihrer Gewinne die so genannte Zinszusatzreserve zusammen, um die Garantien, die sie in der Vergangenheit gegeben haben, zu finanzieren.
Folgendes Diagramm zeigt die Entwicklung des Garantiezinses:
Lebensversicherungen wurden und werden nicht selten mit Laufzeiten von 25, 30 oder mehr Jahren abgeschlossen. Es ist also nachvollziehbar, dass die Verträge aus den Jahren 1994 bis 2000 die Ertragslage der Gesellschaften besonders belasten.
Die Höhe des Garantiezinses ist keine individuelle Entscheidung der Assekuranzen, sondern wird vom Bundesrat beschlossen. Er hat Gültigkeit für die gesamte Laufzeit des Vertrages und darf nicht unterschritten werden. Das ist die Herausforderung, vor der die Versicherer stehen.
Neue Tarife ohne Garantie
Die Branche versucht jetzt, ihren Kunden eine neue Tarifgeneration schmackhaft zu machen: Lebens- und Rentenversicherung ohne Garantieverzinsung. Angeblich, so die Assekuranzen, würde der Wegfall der Garantie zu einer höheren Gesamtverzinsung der Verträge führen.
Dabei scheint in Vergessenheit geraten, dass es einer bestimmten Klientel eben gerade wichtig war, eine Garantie für den Mindestertrag zu haben. Kapitalversicherungen ohne Garantie zeigen sich daher als eine der schwächsten Lösungen.
Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg wird am 25. Juli 2016 in der „Süddeutsche Zeitung“ mit den Worten „Es gibt unterschiedliche neue Konzepte, die im Wesentlichen nur unterschiedlich schlecht sind" zitiert (1).
Etwas besser stellen sich Versicherungsnehmer, die in klassische Fondspolicen investieren. Hier wandern die Nettobeiträge direkt in Investmentfonds und bekanntermaßen sind Aktien langfristig das beste Investment. Etwas anders verhält es sich allerdings mit Index-Policen.
Die Gesellschaften sind auf den Popularitätszug der Indexfonds aufgesprungen, die aufgrund ihrer günstigen Kostenstruktur häufig deutlich besser abschneiden, als klassische Aktienfonds. In Policenform sind sie allerdings denkbar unrentabel.
Im Gegensatz zu Fondspolicen investieren die Versicherer nicht den gesamten Beitrag nach Abzug der Kosten in Indexfonds, sondern nur die erwirtschafteten Überschüsse. Und diese fallen zurzeit denkbar mager aus.
Was tun mit Altverträgen?
Die Versicherungswirtschaft hält sich bedeckt, aber wie Experten kalkulieren, erreichen nur rund 50 bis 60 Prozent aller Verträge das ursprünglich vereinbarte Ablaufdatum. Der Rest wird von den Versicherungsnehmern zurückgekauft (2).
Die Gründe dafür sind vielfältig: Die erwartete und prognostizierte Rendite konnte nicht gehalten werden und führte zu Unzufriedenheit oder der Versicherungsnehmer benötigte schlicht liquide Mittel. Das Thema Rückverkauf der Lebensversicherung ist bei vielen Besitzern von Altverträgen immer wieder aktuell.
Steuerprivileg beachten
Wer jedoch einen Vertrag mit einem Garantiezins von 3,5%, 3,25% oder sogar noch von vier Prozent hat, sollte von einem Rückverkauf Abstand nehmen. In fast allen Fällen ist dieses Vorgehen mit Verlusten verbunden. In den ersten Jahren hinkt das Vertragsguthaben den eingezahlten Prämien hinterher. Dies ist umso länger der Fall, je länger die Vertragslaufzeit terminiert ist.
Für Verträge mit einem Abschlussdatum vor dem 1. Januar 2005 gilt außerdem noch das Steuerprivileg, die komplett steuerfreie Auszahlung der Versicherungsleistung. Wer jetzt noch einen Vertrag aus dem Jahr 2004 wieder an seine Versicherung verkauft, läuft Gefahr, dass die Sperrfrist von zwölf Jahren, welche die Steuerfreiheit gewährte, noch nicht um ist. In diesem Fall wird das ausgezahlte Guthaben besteuert.
Rückverkauf keine optimale Lösung
Der Rückverkauf des Vertrages ist keine Lösung. Wer nicht unbedingt muss, sollte seinen Vertrag behalten. Im Rahmen einer Beitragsfreistellung verzinst sich das bis dahin angesparte Kapital weiter, sowohl mit den hohen Garantiezinsen, als auch mit den etwas dürftiger ausfallenden Überschussbeteiligungen.
Der Vertrag kommt mit der reduzierten Ablaufleistung zum geplanten Termin zur Auszahlung. Manch ein Sparer gäbe etwas darum, wenn er noch eine Geldanlage mit vier Prozent Zinsen im Depot hätte, die völlig schwankungsresistent ist.
Bei Geldbedarf kann die Police beliehen werden
Eine weitere Option ist das Policendarlehen. Hier beleiht der Versicherungsnehmer bei Geldbedarf seinen eigenen Vertrag. Da es sich um eine diskontierte Zahlung auf die eigentliche Ablaufleistung handelt, stellt das Policendarlehen keinen klassischen Kredit dar. Diese Variante ist besonders bei Selbstständigen beliebt, die hin und wieder Probleme haben, einen klassischen Ratenkredit zu erhalten.
Der im Rahmen des Policendarlehens ausgezahlte Betrag kann entweder zu einem späteren Zeitpunkt in einer Summe oder durch erhöhte künftige monatliche Beiträge zurückgeführt werden.
Police auf dem Zweitmarkt verkaufen
Eine andere Alternative ist der Verkauf des Vertrages an einen Policenaufkäufer. Der Kaufpreis des Vertrages richtet sich nach vorhandenem Kapital und der Restlaufzeit. Der Profit des Unternehmens liegt darin, dass die Ablaufleistung höher ausfällt, als der aktuelle Rückkaufswert, der an den ursprünglichen Versicherungsnehmer bezahlt würde.
Diese Differenz teilt sich der Käufer der Police mit dem Versicherungsnehmer zu einem gewissen Teil. Der Vorteil gegenüber dem Rückverkauf an die eigene Versicherung besteht daher vor allem in einen in einem etwas höheren Verkaufspreis. Zum anderen bleibt der Versicherungsschutz für die versicherte Person in vielen Fällen gewahrt. Dies hängt jedoch von der Ausgestaltung des Kaufvertrages ab.
Quellen und weitere Infos
(1)Süddeutsche Zeitung - Unübersichtlicher Markt (2)Süddeutsche Zeitung - Verlorene Milliarden