BGH Az. IV ZR 202/10 – Klauseln in Lebens- und Rentenversicherungen unwirksam

Urteil des Bundesgerichtshofs (Az. IV ZR 202/10): Klauseln in Verträgen zu Lebens- und Rentenversicherungen sind wegen unangemessener Benachteiligung des Verbrauchers unwirksam.

Seit vielen Jahren gibt es immer wieder Streitigkeiten wegen verschiedenster Klauseln in Versicherungsverträgen, insbesondere im Bereich der Lebens- und Rentenversicherungen. Und gerade dort herrscht die größte Uneinigkeit in der Regel über die Abschlusskosten und Rückkaufswerte.

Verständlicherweise beschweren sich Verbraucher immer wieder über zu hohe Abschlusskosten für einen Versicherungsvertrag, den diese schmälern die erzielbare Rendite oft sehr deutlich. Ähnlich verhält es sich mit dem Rückkaufswert. Hintergrund: Muss die Versicherung vorzeitig gekündigt werden, zahlt der Versicherer dafür den so genannten Rückkaufswert aus. Allerdings ergibt sich dabei das Problem, dass in den ersten Jahren des Bestehens der Versicherung zunächst alle Abschluss- und Nebenkosten auf die gezahlten Beiträge gerechnet werden. Der Kunde zahlt also im Anfangsstadium kaum etwas in die Versicherung selbst ein, sondern finanziert mit seinen Beiträgen erst einmal die genannten Kostenpositionen.

Daher ist der Rückkaufswert in den ersten Jahren meist recht gering angesetzt und entspricht keineswegs dem Betrag, den der Versicherungsnehmer in Form seiner Beiträge bereits in die Versicherung eingezahlt hat.

Ein Fall, bei dem die Rechtmäßigkeit eben dieser Kostenpositionen verhandelt werden sollte, wurde kürzlich vom Bundesgerichtshof bearbeitet. Kläger war ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein, Beklagte eine deutsche Lebensversicherungsgesellschaft. Gegenstand war zunächst die Klage auf Unterlassung der Verwendung mehrerer Klauseln in den Versicherungsbedingungen, und zwar sowohl bei neu abzuschließenden Verträgen als auch bei bereits bestehenden Versicherungsverhältnissen. Die beanstandeten Klauseln wurden insgesamt über sechs Jahre vom Beklagten in seinen Verträgen verwendet.

In den ersten Instanzen hatte die Klage jeweils Erfolg, die Gerichte beurteilten die beanstandeten Klauseln als intransparent und somit überwiegend unwirksam. Die Versicherung ging jeweils in Berufung, so dass der Fall in die entsprechend höheren Instanzen gelangte. Allerdings wurde die Klage im Falle der Neuabschlüsse von Verträgen mit den beanstandeten Klauseln abgewiesen, weshalb schließlich beide Parteien in Revision gingen.

Zusätzlich entschied ein Gericht im Juli 2012 in einem anderen Fall, bei dem ebenfalls eine Lebensversicherung die Beklagte war, dass Vertragsbedingungen, die vorsehen, einen überwiegenden Teil der Anfangsbeiträge eines Versicherten mit aus Vermittlungsprovisionen bestehenden Abschlusskosten zu verrechnen, eine unangemessene Benachteiligung für den Verbraucher darstellen.

Nun wurde vom Bundesgerichtshof im erstgenannten Fall das abschließende Urteil gesprochen. Die Richter folgen dem im Juli gefällten Urteil des anderen Gerichts und entschieden, dass sowohl für bereits bestehende als auch für zukünftig abzuschließende Verträge keine Klauseln in der beschriebenen Art mehr angewandt werden dürfen.

Auch bezüglich des Rückkaufswertes einer Lebens- oder Rentenversicherung sprach der BGH sein Urteil. Dieses bezieht sich insbesondere auf den sogenannten Stornoabzug, der laut den Richtern in vielen Verträgen zu intransparent und damit unzulässig sei. Auch diese Praxis dürfte damit in Zukunft passé sein.

Fazit: Für den Verbraucher bedeuten die hier dargestellten Urteile einen echten Fortschritt. Verträge für Lebens- und Rentenversicherungen werden in Zukunft wohl deutlich transparenter werden; die Zeiten, in denen Versicherungen nahezu beliebig Stornoabzüge und Abschlusskosten festlegen und ihren Kunden aufbürden konnten, sind zum Glück endlich vorbei. Für diejenigen, welche einen bereits bestehenden Vertrag haben, ist es nun wichtig zu prüfen, inwiefern sie im Nachhinein entsprechende Klauseln bei ihrem Versicherer anfechten können.