BGH – Az. IV ZR 201/10 – Rückkaufswert von Verträgen des „Deutschen Rings“ unwirksam

Bislang hatten es die Lebensversicherungsverträge des Unternehmens "Deutscher Ring" in sich: Vor allem die darin enthaltenen Klauseln zum Rückkaufswert benachteiligten die Versicherten in eklatanter Weise. Es handelt sich dabei also um die Kapitalsummen, welche der Versicherte im Falle einer vorzeitigen Kündigung seiner Lebensversicherung ausgezahlt bekommt.

Insbesondere bei einer recht frühzeitigen Kündigung musste der Kunde damit rechnen, allenfalls einen sehr geringen Anteil des bereits in die Versicherung eingebrachten Kapitals zurückzuerhalten. In einigen Fällen gingen Versicherte sogar ganz leer aus. Dies ist hauptsächlich dadurch bedingt, dass in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen das Deutschen Rings spezielle Klauseln verankert sind, die vorsehen, dass direkt bei Versicherungsbeginn sämtliche Provisionen und Abschlusskosten von den eingezahlten Beiträgen des Versicherten abgezogen werden. Zahlte dieser also erst recht geringe Beiträge in die Versicherung ein, so wurde das dadurch angesammelte Kapital fast vollständig durch die abgezogenen Provision und Abschlusskosten wieder egalisiert.

Da diese Vorgehensweise für den Verbraucher nicht zumutbar sei, verklagte die Verbraucherzentrale Hamburg den Deutschen Ring. Der Prozess ging in der Folge durch mehrere Instanzen, bevor der Bundesgerichtshof kürzlich sein abschließendes Urteil fällte. Die Bundesrichter stellten fest, dass die Klauseln in den Verträgen des Deutschen Rings für den Versicherungsnehmer eine unangemessene Benachteiligung darstellen und erklärten sie somit als intransparent und unwirksam.

Ursprünglich monierte die Verbraucherzentrale im Rahmen ihrer Anklage ausschließlich Versicherungsverträge, die in den Jahren 2002 bis 2007 abgeschlossen wurden. Die Richter des BGH gehen in ihrem Urteil jedoch über diese Zeitspanne hinaus und bezogen es auch auf Verträge, die nach 2008 abgeschlossen wurden, sofern diese die bemängelten Klauseln ebenfalls enthalten.

Was bedeutet das Urteil nun für den Verbraucher?

In der Vergangenheit ärgerten sich viele Tausend Versicherte über die geringen oder sogar ganz fehlenden Rückkaufswerte, wenn sie ihre Versicherung  innerhalb der ersten Jahre nach Abschluss kündigten. Damit könnte in Zukunft endgültig Schluss sein. Die Folgen des Urteils könnten jedoch noch viel größere Kreise ziehen: Versicherte, die ihren Vertrag bereits vor einigen Jahren gekündigt haben, können nun darauf hoffen, unter Umständen mehrere Tausend Euro in Form von Schadenersatz von ihrem ehemaligen Versicherer zu erhalten. Zwar bezog sich das Urteil des Bundesgerichtshofs zunächst nur auf den Versicherungskonzern Deutscher Ring, da jedoch viele andere Versicherungsgesellschaften (zum Beispiel Allianz, Generali etc.) ebenfalls nahezu identische Klauseln verwenden, gehört nicht viel Fantasie dazu, auch hier eine grundlegende Änderung und entsprechend erfolgreiche Regressforderungen der Versicherten vorauszusagen.

Es bleibt demnach zunächst abzuwarten, ob die Richter auch in anderen, ähnlich gelagerten Fällen die beanstandeten Klauseln des Deutschen Rings als unwirksam ansehen. In diesem Fall kann der Verbraucher davon ausgehen, dass die Versicherungen in Zukunft deutlich höhere Rückkaufswerte für eine Lebensversicherung auszahlen müssen.

Das hier angesprochene Urteil könnte sich außerdem auf die sogenannten Stornogebühren für Lebensversicherungs- und Rentenversicherungsverträge auswirken. Bereits in einem früheren Urteil hatte der Bundesgerichtshof die maximale Höhe dieser Gebühren festgelegt, allerdings wurde dies noch in längst nicht allen Verträgen berücksichtigt. Auch hier kann unter Umständen mit entsprechenden Zahlungen seitens der Versicherung gerechnet werden.

Laut Verbraucherzentrale könnten allein beim Deutschen Ring rund 50.000 ehemalige Versicherte auf eine nachträgliche Auszahlung hoffen.